Eröffnungsrede: Galerie Carneri 2005

Eröffnungsrede: Galerie Carneri 2005

Herta Angerer Ampuls: Galerie Carneri 4.10.05

Herta Angerer hat mich gebeten ihre Ausstellung „Ampuls“ zu eröffnen und sehr gerne komme ich dieser Aufgabe nach.
Herta Angerer besucht bei mir seit Jahren regelmäßig unseren Aktzeichenkurs auf der Pädak Eggenberg. Für Herta Angerer ist das „Aktzeichen“ eine Art Drehscheibe geworden, um am puls zu bleiben … technische Fertigkeiten, naturgetreues Zeichnen, als Inspirationsquelle, als Übung, als Ort der Begegnung und des künstlerischen Austausches.

Mir fällt ein Zitat von Pablo Picasso ein, der meint: Jeder Mensch wird als Original geboren, die meisten sterben aber als schlechte Kopie.
Ja, den meisten Menschen scheint es nicht möglich zu sein, ihre Individualität zu leben – zu sehr passen sie sich an gesellschaftliche Normen und den Zeitgeist an: Man tut was alle anderen auch tun.

Herta Angerer ist eine Ausnahme: Während andere sich längst auf ein ruhiges Leben vorbereiten und sich auf ihren Lorbeeren ausruhen würden, startet Herta Angerer vor ihrem 60. Geburtstag stehend nochmals so richtig durch. Diesmal in Richtung Kunst – ihrem Jugendtraum.

Schon als Jugendliche malte und zeichnete Herta gerne. Für das Wahlfach zur Matura am Wiku wählte sie Kunstgeschichte und Mathematik. Sie träumt zwar davon, auf die Kunstakademie zu gehen, entscheidet sich aber dann für die vernünftigere Lösung: Mathematik und Sport. – was sie auch zu ihrem Beruf machte.
Kunst bleibt das Hobby, welches sie in den 90er Jahren dann endgültig so einholt. Sie entscheidet sich noch ein Lehramt für BE bei Prof. Gollowitsch in Eggenberg zu studieren. (1993). Weiters fallen in diese Zeit regelmäßige Teilnahmen an Kunstforen bei Christine de Pauli und Prof. Mekk, wie auch Aktzeichenkurse bei Prof. Leipold und Prof. Swoboda.
Ab 1996 startet Herta mit eigener Ausstellungstätigkeit.
Höhepunkte dieser sind die Ausstellung in Schloss Alt-Kainach in Bärnbach, 2002 und 2003 bei AVL-List;

Eine herausragende und zu wenig beachtete Leistung für die junge Kunstszene der Steiermark ist die von Herta Angerer 2002 eingerichtete Virtuelle Kunstgalerie: www.artonline-center.com, die jungen Talenten die Möglichkeit bietet, ihre Arbeit zu präsentieren und zu vermarkten.

2002 entscheidet sich Herta Angerer sich vermehrt der Kunstvermittlung zu widmen. Sie belegt den Studiengang Museums- Ausstellungs- und Projektvermittlung an der Pädak Eggenberg und schließt diesen mit einem fulminanten Projekt: Kunst am Platz in Bärnbach ab. Hier wurde sehr erfolgreich versucht, zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum zu präsentieren. Herta Angerer gelang es nicht nur, bekannte Künstlerpersönlichkeiten für dieses Projekt zu gewinnen, sondern auch junge Nachwuchskünstler in dieses Projekt einzugliedern.
Das Projekt wurde heuer bereits erfolgreich weitergeführt und wird wohl ein Event Bärnbachs werden.
Persönlich empfinde ich, dass die große Stärke des Werkes Herta Angerers aus einer Kombination eigener künstlerischer Tätigkeit, der ständigen Reflexion von zeitgenössischer Kunst und Gesellschaftsentwicklungen, ihrer reichen Lebenserfahrung und ihrem Wunsch Kunst zu vermitteln und junge Talente zu fördern, besteht.
Für Herta Angerer ist Kunst eben nicht nur eine Zugabe, eine Bereicherung von Leben, sondern existentielles Lebensmittel – notwendiges Handeln.
Dieses feine Gespür für die Notwendigkeit von Kunst in allen Lebensbereichen und Lebenssituationen, findet sie durch die eigene künstlerische Tätigkeit, die sie einerseits mit fast kindlich erhaltener Neugier und spielerischer Experimentierfreude betreibt.
In dieser Ausstellung werden Sie unterschiedlichste Bildgründe, Techniken und Farbklänge entdecken. Immer geht es um die Entdeckung und Erprobung von neuem. Ständig auf der Suche nach individuellen Ausdrucksformen entstehen, indem Herta Angerer kein Ziel verfolgt, sondern sich ganz auf den kreativen Prozess einlässt, immer wieder neue, überraschende Bilder. Herta Angerer kann Materialien und Farben nicht unbenutzt liegen lassen.

Zweitens möchte ich wesentlich den Faktor des Übens und Studierens herausheben – die Aktzeichnung wird hier, wie ich sagte zur Drehscheibe. Fast nie fehlt Herta Angerer beim Aktzeichnen. Sie hat zahlreiche Kurse belegt. Man muss ihr hier beim Zeichnen zuschauen – den Blick auf die Figur fixiert, wandert der Stift fast automatisch über das Papier und fängt das wesentliche der Bewegung ein – hier verfestigt sich technisches Know-how einerseits, auf der anderen Seite erweitert sich die bildnerische Vorstellungskraft ..

Drittens geht es wie man in dieser Ausstellung eindrucksvoll sieht, um beinahe akribisch genaue malerische Forschungsarbeit,wenn Herta Angerer in ihren Zyklen die Magie der Zahlen, Binäre Zahlensysteme, Primärzahlen, Zahlencods, und Blitzimpulse wie O1- kein Kontakt 1 – Kontakt in Form von skripturaler Malerei austestet.

Die geheime Kraft und die Impulse der Zahlen und digitaler Maschinen, aber auch die Urkräfte der Natur sollen durch Zeichen und spannende Farbakzente sichtbar gemacht werden.
Mit der Intensität und Spannungskraft der Farbe wird der virtuellen Wirklichkeit zu Leibe gerückt –Ich – suche nicht, ich finde – sagte Picasso. Auch Herta Angerer findet Datenmüll, Spams, Comuterwürmer, digitale und elektromagnetische Impulse sowie mail und Werbemüll und integriert diese spontan, und in experimenteller Form in Collagen und Assemblagen.
Wenn Herta Angerer die Bestandteile ihres 1. Computers, eines 25 Jahre alten Schneider PC´s künstlerisch transformiert geht es ihr sowohl um die Ästhetik der Technik, als auch um deren Schnelllebigkeit und das Gegenüber Mensch- Maschine. Inhalte aus exakter Wissenschaft werden genauso malerisch umgesetzt wie elektromagnetische Impulse, die während des kreativen Prozesses entstehen, Gedankenimpulse, Impulsfluten und der Begriff des Unendlichen. In dieser Malerei geht es um Durchschauen pluraler und sehr komplexer Wirklichkeiten.
Angerers Bilder laden ein zum rätseln und enträtseln – sie geben keine vorschnellen Antworten, sondern setzen Impulse.

Dr. Mag. Franziska Pirstinger
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